Schwacher DAX - Ist die Angst vor dem Brexit wirklich gerechtfertigt?

Sehr geehrte Leser,

steht das Ergebnis zur Wahl des Brexit längst fest? Wenn man Meinungsumfragen glaubt, dann wird es ein knappes Rennen. Ganz anders sieht es in den britischen Wettbüros aus.

Ein zurzeit beliebtes Argument
Heute liest man wieder zahlreiche Einschätzungen von Analysten, nach denen die Unsicherheit über einen Brexit auf dem DAX lastet. Natürlich spielt auch der japanische Aktienmarkt eine Rolle, der gestern bereits vor Handelsstart des DAX keine besonders gute Figur machte. Doch das Argument des möglichen Austritts Großbritanniens scheint immer wieder gut zu wirken, wenn es darum geht, Marktschwankungen und sensible Kursreakionen zu erklären.

Tatsächlich wirkt das Rennen um den Verbleib oder Austritt Großbritanniens aus der EU auch äußert knapp, wenn man sich aktuelle Umfragen ansieht. Die Brexit Befürworter liegen laut Umfragen momentan hauchdünn mit einem Prozent der Stimmen vorne.

Referendum UK                               Quelle. The Economist.com

Wie zuverlässig sind die Meinungsumfragen aber wirklich?
Meinungsforscher haben bei ihren Umfragen mit mehreren entscheidenden Problemen zu kämpfen. Die Auswahl der zu Befragenden muss nach bestimmten Kriterien erfolgen, die Befragung muss daraufhin durchgeführt und die Daten anschließend ausgewertet werden. Auch wenn sich dieser Prozess sicher teilweise automatisieren lässt, kostet er Zeit. Und daraus ergibt sich unweigerlich, dass es sich bei dem Resultat immer nur um ein zeitlich verzögertes Abbild der Meinungen handelt.

Z5 Modell BannerIn den Wettbüros Großbritanniens sieht das Verhältnis zwischen Befürwortern und Gegnern des Brexit sehr klar aus. Bei Betfair beispielsweise stehen die Quoten bei über 75% für den Verbleib. Die Gewinnquoten sind niedrig.

Zwar wird mit 60% aller zu diesem Thema platzierten Wetten auf den Austritt gesetzt, allerdings macht die eingesetzte Summe bei diesen 60% gerade einmal 14% des gesamten eingesetzten Geldes aus. Weit optimistischer mit ihrer Annahme scheinen also die Befürworter. Motto: Niedriger Einsatz mit höheren Gewinnmöglichkeiten bei einem Austritt Großbritanniens.

Das milliardenschwere Geschäft der politischen Wetten
In einem Land, in dem sich traditionsgemäß auf so gut wie alles wetten lässt, scheinen politische Wetten nur eine weitere Kuriosität darzustellen. Tatsächlich handelt es sich jedoch jährlich um ein 6,3 Milliarden £ schweres Geschäft mit einer hohen Genauigkeit in den Quoten. So konnte man an diesen bereits beim schottischen Referendum 2014 einen klaren Sieger ablesen - lange vor der eigentlichen Wahl.

Unschlüssige tendieren eher zum Status Quo
Buchermacher erklären diese Genauigkeit mit psychologischen Effekten und Ansätzen, die sie in ihre erstellten Quoten einfließen lassen. Anders als bei einer Meinungsumfrage, bei der einfach nur ein momentanes Stimmungsabbild gespiegelt wird, geht es bei den Wettmachern um eine möglichst genaue Annäherung an das Endergebnis. Nach diesem Ansatz sind es gerade die Unentschlossenen, die im Zweifel eher für den Status Quo stimmen würden.

Womöglich ist die Brexit-Gefahr also doch weit weniger relevant, als von vielen bislang angenommen.

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